Der Regen hat während der Nacht selten aufgehört und am Morgen hörte man wieder das bereits vertraute Plätschern der Regentropfen auf dem Dach das Wohnmobils. Ein Blick nach draußen war in etwa der gleiche wie am Abend, graue und tief hängende Wolken soweit das Auge reichte. Unsere Laune wurde nicht besser, als wir ausstiegen. Das Auftreten auf dem Rasen wird durch ein lautes „Platsch“ begleitet. Mit nassen Füßen müssen wir erkennen, dass sich der Campingplatz in eine Seenlandschaft verwandelt hat. Direkt vor unserer Tür ist es am heftigsten. Alle Gegenstände, die noch draussen lagen, waren pitschnass. Was überhaupt kein Spaß beim Campen macht, ist das Einräumen der Habseligkeiten in den Bauch des Autos. Wenn das Wetter so bleibt, werden wir die ganzen Gegenstände nie trocken bekommen; aber Lust auf ein Verweilen hat keiner mehr. Auch Merle muss wohl erkannt haben, dass bei der gegenwärtigen Lage ein Spielen mit den anderen Kindern kaum möglich ist. Ohne zu murren hilft sie Miriam beim Abwasch und läuft dann etwas verloren auf dem Platz herum und spielt mit dem Regen. Moritz hat in der Zeit alles verladen und zur Abfahrt bereit gemacht. Wir beschliessen, das Frühstück an einem anderen, einem freundlicheren Ort zu einzunehmen. Ohne uns groß von den anderen zu verabschieden machen wir uns auf den Weg auf der E45 weiter Richtung Süden. Erstes Ziel an diesem Tag ist Malung, wo wir unseren Lebensmittelbestand auffrischen wollen. Nach etwa 30 Minuten Fahrtzeit erreichen wir unser erstes Ziel. Am Ortseingang weisst uns ein Schild auf das „Malungsfors Visfestival“ hin und der Ort platzt aus allen Nähten: Überall stehen Womos oder Wohnwagen. Teilweise wurden Gärten zum Campingplatz umfunktioniert – mit Stromanschluss! In den Industriegeländen stehen ebenfalls überall Camper entlang der Zufahrtswege. Zu Beginn hatten wir uns noch über die Vielzahl der Campingplätze in der Stadt gewundert bis uns klar wurde, dass sämtliche Grünanlagen der Stadt kurzerhand einer Sonderfunktion unterzogen wurden. In der Stadt selbst wurden Bühnen und Buden aufgebaut, Live-Musik ertönt von einer Bühne.
Wir haben uns angesichts des Regenwetters nicht beirren lassen, den örtlichen ICA aufgesucht und unser Womo geparkt. Während Miriam mit den Kindern zu frühstücken anfing, hat Moritz unseren Einkauf erledigt. Nach seiner Rückkehr haben wir dann auch beschlossen, Malung ebenfalls den Rücken zu kehren und weiter ins Värmland hinein zu fahren. Alles wurde fahrfähig verpackt und weiter ging unsere Reise auf der E45 Richtung Karlstad. Der Regen wurde zwar weniger, wenngleich er nie ganz aufhörte. In Stöllet sahen wir den Camper von Kalle und seiner Familie aus Hamburg wieder, ohne Besatzung an Board parkte er an einer Tankstelle. Wir entschlossen uns, auf dem weiteren Weg Richtung Karlstad eine Nebenstraße zu nehmen und bogen daher ab auf die 62, die uns entlang des malerischen Flusses Klarälven und an Seenlandschaften vorbei führte. Hier in der Nähe wollten wir auch eine Bleibe für die kommende Nacht finden und auf Grund der Wetterlage wollten wir unbedingt einen Campingplatz, auch wenn es zwischenzeitlich aufgehört hatte zu regnen.
Bereits nach wenigen Minuten fuhren wir zwischen Stöllet und Åstrand an einem wunderschönen Campingplatz vorbei (Björkebo Camping), der direkt an einer Flussbiegung lag und von vereinzelten Bäumen gesäumt war. Die wenigen Camper waren in ausreichendem Abstand zueinander geparkt. Uns kam dieser Platz allerdings noch etwas zu früh und wir entschlossen uns zur Weiterfahrt.
Die Landschaft hier ist einfach zauberhaft: Überall gibt es einen See oder einen Fluss, malerische Ortschaften und die Wälder sind wieder eher Misch- als reine Kiefernwälder. Viele Birken und Eichen, aber auch Linden und andere Laubbäume mischen sich in großer Zahl unter die Kiefern. Der Boden wird neben Blaubeeren und Moos von Farnen bedeckt. Wenn wir in Schweden wohnen wollten, dann würde unsere Entscheidung vermutlich auf diesen Landstrich fallen.
In Ekshärad sind wir an einem der wenigen Outdoor-Läden vorbei gefahren, die wir bisher zu Gesicht bekommen haben. Für Moritz stand jetzt endgültig der Kauf einer Regenjacke an und Miriam wünschte sich schon länger eine Funktionshose, wie sie Moritz hat. Der Shop war gut sortiert, auch wenn er fast nur hochpreisige Ware führte. Eine Haglöfs oder Fjal Raven Jacke für über 5000 Kronen war hier überhaupt kein Problem. Moritz bereute schon fast im letzten Laden die Regenjacke nicht gekauft zu haben, war das Angebot dort doch deutlich preisgünstiger. Letztendlich ist er doch fündig geworden. Auch Miriam hat ihre lang ersehnte Hose bekommen und die Kinder erhielten je einen Alubecher mit Karabiner-Clip.
Weiter ging es flussabwärts zum nächsten Campingplatz in Hagfors. Dieser lag direkt in einem Wald und war weniger heimelig. Der nächste und somit der unserer Wahl lag dann in Ransäter kurz hinter Munkfors direkt am Klarälven. Die Angelversuche im Fluss (Angelkarte hier sogar nur 20 Kronen) blieben wieder frustran: wir verloren wieder zwei Blinker im steinigen und holzigen Untergrund. Den größten Schock gab es im Anschluss: Nachdem Moritz die Angelsachen wieder im Womo verstaut hatte, vermisste er sein iPhone. Er ist sofort wieder zurück an den Fluss und hat flussaufwärts im Rasen gesucht, allerdings ohne Erfolg. Mit Hilfe von Miriams Telefon konnte es dann glücklicherweise lokalisiert werden. Es lag noch auf dem Steg, wo es ihm wohl aus der Tasche gerutscht war.
Unsere Großen hatten sich schnell mit einem 6jährigen Mädchen aus den Niederlanden zusammengetan und waren fröhlich auf dem Zeltplatz am Spielen. Während dessen bereiteten wir das Abendessen vor und mussten dabei peinlich genau darauf achten, alle Türen und Fenster des Womos geschlossen zu halten. Denn obwohl wir keinen Stellplatz direkt am Fluss hatten, waren innerhalb kürzester unzählige Stechmücken um uns herum. Das Abendessen im Freien glich daher auch eher einem Spießrutenlauf. Ständig mussten die Viecher vertrieben werden und das Abendessen wurde sehr hektisch.
In der Abenddämmerung zogen dann langsam Nebelschwaden auf und hüllten den Platz in eine ganz besondere Atmosphäre. Die Kinder versuchten sich noch lange vor dem Zu-Bettgehen zu drücken und wollten lieber im Nebel spazieren gehen. Da die Mücken einen Aufenthalt im Freien eigentlich unmöglich machten, haben wir uns alle gemeinsam ins Wohnmobil verzogen und gespielt.